Mango e.V. organisiert und führt medizinische Hilfseinsätze in der Region Dogomed in Guinea/Westafrika. Der Schwehrpunkt liegt bei einer chirurgischen und gynäkologischen Versorgung der ländlichen Bevölkerung, die ansonsten kleinen Zugang zu basisnaher Medizin hat. Mango führte 2023 den siebzehnten Hilfseinsatz durch. Größtenteils nehmen Mediziner aus Deutschland in ihrem Urlaub an den Einsätzen teil

Einsatzbericht in Guinea vom 03.02.2023 - 25.02.2024

Leider konnte in diesem Jahr aufgrund des zu geringen Spendenaufkommens nur ein Team nach Koolo Hinde entsandt werden. Dafür war der Enthusiasmus bei den Teammitgliedern groß und bereits im Vorfeld wurde die Logistik penibel geplant. Die Explosion des einzigen Treibstoffdepots Guineas Ende Dezember 2023 und die damit verbundene Treibstoffrationierung hatte lange Zeit im Ungewissen gelassen, ob der Einsatz stattfinden kann. Außerdem hat die Internetdrosselung durch das Militärregime die Kommunikation zwischen dem Team in Deutschland und dem lokalen Personal in Guinea erschwert. Erst Mitte Januar kam das „Go“ vom Vorstand. Am 3.02.2024 hat sich das Team mit großer Wiedersehensfreude, trotz Bauernprotesten am Flughafen Frankfurt, am Gate in Brüssel getroffen, um von dort aus gemeinsam nach Conakry zu fliegen. Fast alle Teammitglieder kannten sich und mit Matuš kam ein weiterer „Mango-Veteran“ dazu. Die Reise wurde genutzt, um sich gegenseitig auf den neuesten Stand zu bringen und die Vorfreude auf den Einsatz zu teilen. Am ersten Tag in Guinea reisten wir mit gemieteten Fahrzeugen auf der fertiggestellten neuen Straße nach Koolo Hinde. Wegen einer Reifenpanne dauerte die Reise trotzdem nahezu 10 Stunden. Leider konnte die GIZ den Transport nicht auf bewährte Weise sicherstellen, da das Büro die Arbeit in Guinea weitgehend eingestellt hat. Die Mietkosten für Fahrzeuge und einheimische Fahrer haben die Kosten des Einsatzes weiter erhöht. In Koolo wurden das Team in der Abenddämmerung von der Bevölkerung mit „Mango-Mango“-Rufen begeistert begrüßt. Am nächsten Tag wurde das OP-Zentrum von unseren Schwestern und Anästhesisten betriebsfertig gemacht und das viele mitgebrachte Material einsortiert. Das gelang einfacher als sonst, da im Vorjahr der Abbau und die Inventur durch das gleiche Team durchgeführt worden war. Zeitgleich wurden erste Sprechstunden abgehalten, die hoch frequentiert waren und durch bereits erstellte Listen mit Patienten vorbereitet worden waren. Herr Sylla, der neue Pfleger im Poste de Santé, entwickelte sich nach dem Kennenlernen zu einer großen Hilfe. Er übernahm die Reparaturkosten der Beleuchtung im Post de Santé selbst, bekam diese aber von unserer Gynäkologin Angelika in Form der 100,- Euro- Spende ihres Schützenvereins erstattet. Auch Abdoulaye, unser Helfer und Freund aus Conakry war mit Infusionen und Getränkevorräten eingetroffen und hat uns während des gesamten Einsatzes tatkräftig unterstützt. Durch die gute Vorbereitung konnte bereits am Folgetag mit den Operationen begonnen werden. In den Sprechstunden wurden neben Patienten für den OP auch viele konservative Fälle diagnostiziert und behandelt, von Bauchschmerzen über Filariosen oder Krätze. Besonders die gynäkologische Sprechstunde arbeitete das Riesenpensum von 158 Patientinnen ab, die vor allem mit Kinderwunsch, komplexen Hormonstörungen, Ovarialzysten, Brustproblemen oder Fremdkörpern nach Operation in einem anderen Krankenhaus kamen. Sowohl das Dolmetschen über 2 Sprachen hinweg als auch kulturelle Besonderheiten bei den oft sensiblen Themen brachten das Sprechstundenteam manchmal an die Grenzen seiner Leistungsfähigkeit. Hierbei hat sich Bailo, der uns sonst in organisatorischer Hinsicht souverän durch alle Hindernisse geleitet hat, besonders verdient gemacht. Das OP-Spektrum deckte Allgemeinchirurgie, Gynäkologie und Kopf-Hals-Chirurgie ab und es konnten insgesamt 101 Patienten operiert werden. Neben den „üblichen“ und in Guinea häufig auftretenden Krankheitsbildern, wie sehr große Strumen und Hernien, wurden auch gynäkologische Eingriffe durchgeführt. Eine Besonderheit des Einsatzes war die große Zahl von Kindern, die an Hernien, Halstumoren oder Missbildungen der Steißbeinregion operiert werden konnten, was vor allem für unsere Anästhesieschwester und die beiden Anästhesisten unter den einfachen Bedingungen unseres OP-Zentrums eine Herausforderung war. Weiterhin wurde eine riesige Zyste der Stirnhöhle operiert, bei der die komplett aufgebrauchte Stirnhöhlenvorderwand mit Knochenzement nachmodelliert wurde. Außerdem wurden in einem langen Eingriff ein Narbentumor des Gesichtes und des Halses entfernt und aufwendig plastisch gedeckt, ein großer Tumor der Augenhöhle entfernt und Verbrennungsnarben mit Kontrakturen an Hand und Fingern korrigiert. Oft wurde das Programm durch Notfalleingriffe, wie Unterschenkelfrakturen, Abszessinzisionen oder, als Highlight, eine Sectio durcheinandergewirbelt. Das Neugeborene brauchte danach noch einige medizinische Zuwendung um ins Leben zu finden. Einige der spannenden Fälle wurden von unserem „Kreativ-Quell“ Rita in Form kurzer Videos aufgearbeitet und sind unter https://mango-ev.de/index.php/multimedia/reels-und-shorts anzusehen.

Der Ausfall eines Sauerstoffanreicherers für Beatmungsgeräte sowie die oft langen OP-Punkte, die teilweise bis zu 5h dauerten, machten die Programmgestaltung anspruchsvoll, was dem Team viel Geduld und lange Arbeitstage bis in die Nachtstunden abverlangte. Die Wasserversorgung im OP-Zentrum war durch den undichten und sanierungsbedürftigen Wassertank in der ersten Woche stark eingeschränkt. Dies führte zu einem verzögerten Start bei der Wäscherei für OP-Wäsche und Tücher und beim Putzdienst. Auch gesundheitliche Probleme mit Durchfallerkrankungen und Kreislaufproblemen, die immer mal wieder zu kurzen Ausfällen von Teammitgliedern führten, waren hinderlich. Zum Glück war unser „Allrounder“ Stefan davon nicht betroffen und leistete ein erstaunliches Pensum. Die gute Laune und Geduld unserer OP-Schwestern waren neben dem Zusammenhalt des Teams eine Triebfeder des Einsatzes.

Ein freier Tag wurde am Sonntag der ersten Woche eingelegt, da in Dogomet großer Markt war. Der ist nicht nur für uns ein sehenswertes Ereignis, sondern zieht auch unser einheimisches Personal magisch an, da sie notwendige Dinge oft nur dort einkaufen können. Ein anderer Teil der Gruppe war nach Dabola gefahren und hat von den positiven Entwicklungen im dortigen Krankenhaus und einem Besuch der neuen Berufsschule berichtet. Die restliche Zeit wurde dann mit der Erholung „im Rücken“ durchgearbeitet und in der zweiten Woche weitere große Eingriffe durchgeführt. Erst am 2. Wochenende haben wir die Fallschwere der Operationen reduziert, um die Nachbehandler nicht vor zu schwierige Aufgaben zu stellen.

Unser Dank gilt allen Spendern und den fleißigen Menschen, die diesen Einsatz möglich gemacht haben, ganz besonderer Dank geht an unsere Köchinnen und ihre Helferinnen, die uns großartig verköstigt und umsorgt haben.

Nachdem alles wieder aufgeräumt, geputzt, die letzten Verbände gewechselt und fast alle Patienten entlassen waren, trat das Team am Mittwoch die Rückreise an. Am Abflugtag besuchte das Team die neonatologische Kinderklinik in Donka und spendete medizinisches Material aus Deutschland.

Überlegungen, wie man die Nachhaltigkeit der Einsätze weiter verbessern kann, beschäftigen viele Teammitglieder und werden bei zukünftigen Treffen diskutiert werden. Wir alle freuen uns auf neue Einsätze für unsere Patienten in Guinea.

Am 25.02.2024 kehrte das Team in Deutschland gesund und munter zurück.

Henry Leonhardt und Bailo Barry